Wildemann im Königreich Hannover.

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Die politischen Verhältnisse

[...]

Der Wildemanner Bergbau im jungen Königreich

[...]

Wildemann wird wieder selbständig verwaltet



Auch nach der Erhebung Hannovers zum Königreich wurde die gemeinsame Verwaltung von Grund und Wildemann zunächst noch aufrecht erhalten. Doch hatte nach dem "Königl., Grossbr. Hannov. Staats - Kalender" für 1818 auch Grund weder Richter noch Stadtschreiber, und der Schichtmeister Friedrich August Neubauer ist Senator und Kämmerer "Zum G - rund und Wildemann". Doch ist zu gleicher Zeit Just Andreas Gerich Gemeindevorsteher - Vertreter der Bürgerschaft in Wildemann.


Im Jahre 1823 wurde Hannover in 7 Bezirke, 6 Landdrosteien und die Berghauptmannschaft Clausthal eingeteilt. Die
letztere stand im Range einer Landdrostei und war daher in allen Verwaltungs - und Gerichtssachen des Oberharzes
zuständige Behörde mit eigener Bergverfassung und eigenem Berghaushalt. An der Spitze der Berghauptmannschaft stand der Berghauptmann, der im Oberbergamt seines Amtes waltete.


Jede Bergstadt hatte zwar ihr eigenes Stadtgericht, das sowohl Zivil - als auch Kriminalgerichtsbarkeit ausübte,
auch lag die Stadtverwaltung in den Händen von "Richter und Rath“, aber doch war man dabei dem Berghauptmann unterstellt.


Diese Neuordnung war wohl auch die Ursache, dass die gemeinsame Verwaltung von Grund und Wildemann aufgehoben wurde und von 1824 ab der Bergschreiber und spätere Bergwerks - Assessor Carl Kast von Zellerfeld aus die kommissarische Verwaltung der Bergstadt Wildemann übernahm.


Für das Jahr 1824 werden Friedrich August Heinrich Greiffenhagen als Senator und Kämmerer, Heinrich Andreas Pape als zweiter Senator und Just Andreas Gerich als Gemeindevorsteher genannt.


Mit diesen zusammen hat der Bergwerks— Assessor Kast sein kommissarisches Amt in Wildemann so lange ausgeübt, bis auf Wunsch der kleinen Bergstädte im Jahre 1841 ihre kostspieligen Einzelgerichte auggehoben und mit dem Zellerfelder Stadtgericht verschmolzen wurden.


Besuch des Herzogs Adolf Friedrich von Cambridge



Als der Herzog Adolf Friedrich von Cambridge als Prinz von England und Hannover am 17.November 1814 in Clausthal anwesend war, besuchte er von dort aus auch die Bergstadt Wildemann. Glockengeläute, Ehrenpforten, über die Strasse gezogene Girlanden, Tannengrün an den Häusern und schmetternde Musik, alles dieses genügte nach der Meinung der Wildemanner noch nicht, den Jubel und die Freude über den lieben Besuch auszudrücken, es musste auch ein Gedicht in Oberharzer Mundart vorgetragen werden. Dieses war von Christ. Heinrich Herrling verfasst, und man findet es gedruckt in dem Büchlein „Harzgedichte“ von G. Schulze, Clausthal 1833. Die Ueberschrift lautet:


A paar Verschla, von dn willamanner Barkleiten vor Fräd dan Kienigsprins iwergahn, in Nuvambermunden ätausend achthunnert un Varzen.“


Aus dem Inhalt des Gedichtes geht hervor, dass der Herzog auch die auf der „Höhe" bei Wildemann gelegene Grube Charlotte - 1837 eingestellt - befahren hat.


Ein zweiter Besuch des Herzogs— seit 1816 General— Gouverneur des Königreichs Hannover - fand am 29. September 1827 statt. In seiner Bergmanns - Chronik gibt der Gaipelwärter Christian Friedrich Martin Grote folgende Schilderung:


"Den 29. September 1827 kam Friedrich Adolf Herzog von Cambridge nach Wildemann, der Herzog kam von Clausthal über Zellerfeld nach dem Badstubenberg nach der sogenannten Herzogslaube und übersah die Stadt, auf diesem Berge waren vier Kanonen aufgepflanzt, welche bei der Ankunft abgefeuert wurden, er kam dann im Sonnenglanz herunter, begab sich nach dem neuen 19 Lachterstollen, welchen er mit seinen Gemahlin im englischen Hunde zu befahren geruhte, er aber selbst wiederrufte sein Vornehmen. Vom 19 Lachterstollen waren herrschaftliche Arbeiter als Berg - und Puchleute bis nach dem Wildemanner Zechenhaus gestellt, wo der Herzog von der Bedienung der Berghauptmannschaft bis ins Zechenhaus begleitet wurde, hier speiste der Herzog, unter Glockengeläute und vielen Rufen der bergmännischen Bevölkerung wurde er in Wildemann empfangen, auch stattete der Herzog, um sich von einer bergmännischen Wohnung zu überzeugen beim Bergmann Heinrich Knorr am Markte einen Besuch in eigener Person ab.“


Die Bergfreiheiten werden zum grössten Teil aufgehoben



Die von Herzog Heinrich d.J. in den Jahren 1525,1532,1533 und 1556 erlassenen Bergfreiheiten sind für das Emporblühen der Bergstädte Grund, Wildemann, Zellerfeld und Lautenthal von grosser Bedeutung gewesen. Heinrichs Nachfolger Herzog Julius (1568 - 1589) und Heinrich Julius(1589 - 1613) haben keine besondere Bergfreiheit erlassen, das geschah erst auf die Bitte der oben genannten Bergstädte durch Friedrich Ulrich, dem Urenkel Heinrichs d. J. am 4. Dezember 1613 bei seiner Anwesenheit in Zellerfeld. Diese Freiheit ist dann unverändert bestehen geblieben und von den jeweiligen späteren Landesherrn bestätigt, bis sie durch andere Bestimmungen und Gesetze unter späterer Obrigkeit zum grössten Teil ausser Kraft trat.


Um zu zeigen, welche Vorteile die Einwohner der 4 braunschweigischen Bergstädte durch die Bergfreiheiten hatten, seien hiermit einige Stellen aus der des Herzogs Friedrich Ulrich vom Jahre 1613 mitgeteilt:


"Als haben wir solchen Ihren Zimblichen undt billigen suchen stattgethan, geben confirmieren undt bestetigen Ihnen, den 4 Bergstädten Zellerfeld, Wildemann,Grunt und Lauthental demnach dieselben Freyheiten hiemit undt kraft dieses Brieffes dero - gestallt, das alle undt jede Gewerken, so sich uff unsern freyen Bergkstädten einleggen, Bergwerk suchen, baven undt sich das Ertz gebrauchen werden uff unsern Walden zu allerley Ihrer notturft Schachtholz und zu Bawung der Schächte, hütten, Mühlen, Puchwerck Nutzholtz auch Brenholz nach notturfft, ohne allen Forstzins, doch nach ausweisung unserer Förster in allen unseren gehölzen, wo Ihnen das am bequemsten, so viel Sie dessen zu genanter undt andere notturft, doch nicht davon zu verkaufen, bdürfen werden, zu holen und gbrauchen nachgelassen sein sollte..."


Ueber die Befreiung von Steuern, Akzise, Heeresfolge u.s.w. heisst es:


"Es sollen auch diese unsere freye Bergk - Städte Zellerfeld, Wildemann, Grundt und Lautenthall alles Zinss, gebott, Aufsetze p.Stewer, Heerzüge angeldt. alzeit befreyet sein."


Als der Herzog August von Braunschweig - Wolfenbüttel nach beendigten Erbstreitigkeiten zu Anfang des Jahres 1636 die Regierung antrat, wütete noch immer der Dreissigjährige Krieg, und das dadurch hervorgerufene Elend wurde mit jedem Tage grösser. Diese Notzeit zwang den Herzog dazu, auch die Bewohner des braunschweigischen Oberharzes trotz dokumentierter Befreiung zu den allgemeinen Lasten heranzuziehen. 1641 legte er den vier Kommunion - Bergstädten einen gemeinsamen Kriegszuschuss von 800 Talern auf, und es ist den Gemeinden sehr schwer gefallen, diese Summe aufzubringen.


Da der Nachfolger von Herzog August, Rudolf August, sich an dem Kampf gegen die Türken, die im Jahre 1683 schon bis Wien vorgedrungen waren, beteiligte und zu diesem Zwecke ein besonderes Heer aufgestellt hatte, mussten die Bewohner der braunschweigischen Bergstädte auch die sogenannte Türkensteuer bezahlten.


Um das Jahr 1690 wurde die in den übrigen braunschweigischen Gebieten schon länger bestehende ungemein drückende Erbschaftssteuer von 33 1/3% - der dritte Pfennig genannt - auch für den braunschweigischen Oberharz eingeführt, jedoch mit der Einschränkung, dass diese Steuer nur erhoben wurde, wenn der Erbe nicht am Wohnort des Erblassers ansässig war.


In Laufe der Jahre kam auch für die Oberharzer Bevölkerung eine Zeit, in welcher die Bevorzugung betreffs Steuerfreiheit aufhörte, wenngleich die Steuern geringer waren, als die, welche die Landbewohner aufbringen mussten. Im Jahre 1817 erschienen Verordnungen über eine Personen - und Einkommensteuer. Von der ersteren waren jedoch alle Bergarbeiter einschliesslich der Steiger frei, von der letzteren blieben diejenigen verschont, deren Einkommen jährlich keine 200 Taler Conv. - M betrug.


Nach einer Verordnung vom Jahre 1822 wurde im Oberharz auch eine allgemeine Grundsteuer wie in den übrigen Landesteilen erhoben, desgleichen erschien im gleichen Jahre eine nochmalige Verordnung über Gewerbe Und Einkommensteuer, die aber im Juni 1823 bereits wieder aufgehoben wurde. Dasselbe geschah mit der 1817 eingeführten Personensteuer. Auch die 1822 eingeführte Häusersteuer kam nicht mehr zur Erhebung.


Statt aller dieser wieder aufgehobenen Steuern musste der Oberharz jährlich die Summe von 5000 Talern in monatliches Raten an die Kreiskasse zu Osterode entrichten, deren Unterverteilung in den einzelnen Bergstädten Sache der Berghauptmannschaft war.


1835 wurde ein besonderes Gesetz, die Besteuerung des Harzes betreffend, erlassen, nachdem die in den übrigen Gebieten des Königreichs geltenden Steuergesetze mit einigen Erleichterungen auch für den Harz Gültigkeit hatten. Diese bestanden hauptsächlich in der Befreiung von der Grund - und Häusersteuer und in dem Aufhören der bis dahin gezahlten Steuer - Abfindung von jährlich 5000 Talern.


Auch hörte die Erhebung der von 1703 ab freiwillig übernommenen - von 1749 ab ohne Befragung geforderten - Abgabe auf Wein, Bier und Branntwein, die sogenannte Bergbau - Akzise zur Unterstützung hilfsbedürftiger Gruben durch die Bergbau - Kasse vom 1 .Juni 1835 ab auf.


Alle nach 1835 erlassenen Steuergesetze galten in vollem Umfang auch für die Bergstädte und sonstigen Ortschaften des Oberharzes.


Die in den Bergfreiheiten gewährte Befreiung von allen Gerichtsgebühren wurde vom 25. November 1835 ab beseitigt. Jetzt gab es in den Bergstädten keine Freigerichte mehr, und jeder Kläger musste, bevor seine Klage angenommen wurde, 10 Ggr. bezahlen. Das Privilegium der Freiheit vom Militärdienst war schon durch die Zeit der Fremdherrschaft von 1803 - 1813 durchbrochen und schon beim Tode Georgs III vollständig aufgehoben.


Die durch die Bergfreiheiten zugesicherte Befreiung von allen Zollgebühren ist bis ins erste Viertel des 19. Jahrhunderts bestehen geblieben, dann aber nach und nach durch Gesetze aufgehoben. Am 1.Juli 1842 trat auch in Wildemann die Zollerhebung in Kraft, der erste Zoll wurde durch den Rathauswirt Heinrich Fischer erhoben, weil der Schlagbaum vor dem Rathaus angebracht war.


In allen Bergfreiheiten war den Einwohnern der Bergstädte das Recht auf freies Bau - und Brennholz zugesichert, jeder, der Brennholz nötig hatte, konnte sich dieses selbst fällen, wenn eine Anweisung des Försters vorausgegangen war. Im Frühjahr 1836 haben sich die Wildemanner Holzberechtigten das ihnen angewiesene Brennholz zum letztenmal selbst gehauen. Von dieser Zeit ab wurde diese Tätigkeit den Waldarbeitern übertragen, und die Holzempfänger mussten jetzt einen geringen Beitrag - einige Groschen - als Auslösegeld bezahlen.


Königsbesuch im Jahre 1839



Ueber einen Besuch des Königs Ernst August von Hannover, den dieser an zwei Tagen der Bergstadt Wildemann abstattete, berichtet die oben schon erwähnte Bergmannschronik folgendes:


"Unser huldreichster König Ernst August von Hannover trat eine Lustreise nach dem Harze an, wo Seine Königliche Hoheit am Mittwoch, d. 18. September 1839 über Osterode nach Clausthal kam, hier wurde er von seinen Harzbewohner als Berg Puch und Hüttenleuten unter Glockengeläute schmetternder Musik fliegenden Fahnen und vielen Jubeln ins Königliche Amtshaus eingeführt. Es wurden Sr. Majestät von kleinen weissgekleideten Mädchen bei seiner Ankunft im Amtshause Blumen gestreut, er nahm unter Thränen eins der Mädchen auf seinen Arm ,küsste dasselbe und sprach: und sollte mich alles verlassen, so verlässt mich doch mein treuer Harzer nicht.


Am 19. September begab sich der Landesherr von Clausthal nach Zellerfeld und über dem Hauptzuge nach dem Badstubenberg bei Wildemann, nach der sogenannten Prinzenlaube, welche sein Bruder der Herzog von Cambridge im Jahre 1827 besucht hatte, die Laube war vor seiner Ankunft erst neu erbaut worden, und man hatte derselben eine Ansicht einer Jägerey beigelegt, imdem viele Gegenstände eines Jagdhauses zu sehen waren, zum Beispiel Gewehre Jagdtaschen Hirschgeweihe Halsbänder für Jagdhunde und so desgleichen. Zugleich enthielt die Laube folgende Inschrift, welche lautete:


Weidmanns Heil! Nachdem der Landesherr in dieser Laube gespeist hatte, begab er sich im Sonnenglanz herunter nach Wildemann, wo er auf der Gründnerschen Strasse durch eine Ehrenpforte ging, um nun auch noch eine bergmännische Wohnung kennen zu lernen stattete der Landesvater einen Besuch bei dem Bergmann August Gärtner ab. Ich gehe um einen Punkt nicht ausser acht zu lassen nochmals nach dem Badstubenberg zurück, da der Landesvater die Aeusserung von sich gab, dass die Höhe des Berges von nun an Ernst August Höhe heissen sollte. Da nun der Königliche Besuch abgestattet war, fuhr er im Innerstethal herauf nach dem Silbernaaler Grubenrevier, hier nahm ihn schon der Dasige Reviergeschworener Pape mit seinen Arbeitern in Empfang, und in Begleitung des Herrn Geschworenen nahm er den Grubenbau in Augenschein, auf des Herrn Geschwornen Befehl wurde dem Landesvater von zwei Bergleuten mit Namen Behrens und Bauer in einem Bergtrog ein auf einem Kranz liegender Schachthut präsentiert, imdem der eine ihm die Kappe abnahm und der andere ihm dafür diesen Schachthut auf sein Haupt setzte, des anderen Tags beschloss seine Königliche Hoheit die Bergstadt Wildemann noch mehr kennen zu lernen und traf am 20. September Freitags in Wildemann wieder ein, wo er von den Einwohnern unter Glockengeläut und vielen Ehren - Bezeugungen empfangen wurde, es trug sich auf dem Bohlweg zu das den Bergmann Carl Becker seine Frau da eben die Kirche baufällig war, den Landesvater bittete, dieser Kirche beistehen zu wollen, der Landesvater liess diese Frau vor sich kommen, liess ihre Bitte in Erfüllung gehen, indem der Kirche von Königlicher Hoheit 200 Rthl. geschenkt wurden. Von Wildemann aus reiste der König desselben Tages nach Lautenthal und Goslar.


Aus einer "freien" wird eine "amtssässige" Bergstadt



Durch die Königliche Verordnung vom 5.Juli 1841 wurden die Stadtgerichte der kleinen Bergstädte aufgehoben und zwei Berg - und Stadtgerichte - eins in [...] das andere in Zellerfeld eingerichtet. Wildemann gehörte neben Grund, Lautenthal und Altenau zum Berg - und Stadtgericht Zellerfeld.


Die Stadt verlor damit die Verwaltung der Kriminal - , Justiz - , Militär - und Steuersachen, die nun vom Berg - und Stadtgericht ausgeübt wurde. Sämtliche auf die Rechtspflege bezüglichen Akten und Urkunden der Wildemanner Gerichts - Registratur mussten nach Zellerfeld ausgeliefert werden.


Die Verwaltung unserer Bergstadt wurde jetzt dem Bergwerks - Assessor Andersen kommissarisch übertragen, der jedoch seinen Wohnsitz in Zellerfeld hatte. Als Andersen infolge eines bei Gittelde erlittenen Jagdunfalls am 21. Februar 1845 gestorben war, wurde der Bergwerks - Assessor Friedrich Adolf Roemer sein Nachfolger.


Die für das Jahr 1824 oben bereits erwähnten Senatoren Greiffenhagen und Pape - der erstgenannte war auch Kämmerer - haben auch unter Andersen und Roemer ihre Aemter ausgeübt. Gemeindevorsteher war jedoch von 1841 ab der Einwohner G.L. Koch.


Im Jahre 1845 wurde der Schichtmeister, Senator und Kämmerer Greiffenhagen nach Clausthal versetzt und Friedrich Ludwig Degenhardt wurde in allen drei Aemtern sein Nachfolger.


Wildemann im Revolutionsjahr 1848



Die politischen Verhältnisse des Jahres 1848 hatten auch in den Bergstädten eine grosse Erregung hervorgerufen. Während es aber in Andreasberg zu erheblichen Ausschreitungen kam, sodass zweimal Militär aus Goslar herbeigerufen werden musste, und auch in Clausthal Kundgebungen feindlicher Art gegen unbeliebte Personen stattfanden, ist es in den übrigen Bergstädten verhältnismässig ruhig verlaufen.


Auch in Wildemann wurden Volksversammlungen abgehalten, die jedoch zunächst nur ein lokales Gepräge trugen. Als Mitte März 1848 das Ministerium des Innern in Hannover die Erlaubnis gegeben hatte, bewaffnete Bürgerwehren zu bilden, wurde auch in Wildemann eine solche gegründet. Alle Bürger vom 20.bis zum 60.Lebensjahr mussten - falls sie körperlich geeignet waren - beitreten und waren verpflichtet, allen Anordnungen der Bürgerwehr unbedingt Folge zu leisten. Es wurde hauptsächlich exerziert, doch wurden auch Schiessübungen abgehalten. Man kann sich denken, dass die noch nicht wehrpflichtige Jugend und besonders auch die holde Weiblichkeit den militärischen Uebungen als Zuschauer beiwohnten.


Am 6. August - es war ein Sonntag - wurde der Einzug des von der Nationalversammlung zum Reichsverweser ernannten Grossherzogs Johann von Oesterreich in Frankfurt a. M. in ganz Deutschland gefeiert.


Die Grotesche Bergmanns - Chronik berichtet darüber folgendes:


„Am 6.August 1848 war in unserer hiesigen Bergstadt Wildemann Freischiessen, dieses Fest wurde aber verdoppelt durch den Huldigungstag des deutschen Reichsverwesers Johann von Oesterreich. Des Abends 8 Uhr fanden sich die Einwohner hiesiger Stadt vor dem Schützenhause ein, die Bürgerwehr mit Gewehr und Waffen, desgleichen auch das Schützen - Corps, das hiesige Stadtmusik - Corps, sowie die Bergmusik - Corps waren zugegen. Es wurden die alten Fahnen vom Rathause herausgegeben, der Zug setzte sich in Bewegung den sogenannten Hüttenbrink herunter, und unten auf der Hüttenstrasse wurde Stellung gemacht. Fahnen wurden getragen Acht an der Zahl. Bergmann Fritz Herrling trug eine Fahne mit dem Wappen der Stadt Wildemann mit Ross und der Jahreszahl 1702, Bäckermeister Ferdinand Spör trug eine Fahne mit der Jahreszahl l814, der Hammerschmied Köhler trug die Bürgerfahne, der Bäckergesell August Liebetraut und Wäschearbeiter Carl Multopp trugen Fahnen mit den Farben schwarz rot gold, und ein Puchknape mit Namen Schüter trug die Puchknabenfahne, Schlossermeister August Gerig trug eine Fahne mit dem Wappen das weisse Ross und Georg der Vierte, und die Lautenthaler Sänger beehrten Wildemann bei diesem Zuge mit ihrer sehr schönen deutschfarbigen Fahne schwarz rot und gold. Diese Fahne war erst soeben fertig geworden und wurde zum ersten Mal in Wildemann getragen, dieselbe kostete 32 Rthl.


Der Zug mit brennenden Unschlittlichtern ging in Wildemann hinauf, im Sonnenglanze durch und wieder herunter vor das Rathaus. Hier wurde ein Halt gemacht und der Wildemänner Singverein sang: Was ist des deutschen Vaterland? Darauf liess der Cämmerer Degenhardt den Reichsverweser Erzherzog Johann mit einem dreimaligen "Hurrah" hoch leben. Hierauf trat ich Gaipelwärter Christian Friedrich Martin Grote vor und rief mit lauter Stimme:


Alle die für Freiheit leben von dem Rhein zum Donaufluss von den Dänen bis zum freien Schweizer Meinen Segen, meinen Brudergruss, Vivat!


Dieses Vivat wurde von den Bewohnern Wildemanns dreimal wiederholt. Hierauf liess der Cämmerer Degenhardt den König Ernst August mit einem dreimaligen "Hurrah" hoch leben. Darauf rief ich wieder, es sollen auch unsere Brüder in Schleswig - Holstein leben. Vivat! Dann liess ich noch unsere deutschen Farben schwarz rot und gold hoch leben. Und zum Schluss rief ich: So soll denn leben unsere alte ehrwürdige Bergstadt Wildemann mit einem dreimaligen Vivat hoch!!!


Jetzt ging der Zug vom Rathause weg die Stadt herunter, der Goslarschen Strasse herauf und gegenüber durch nach der Hüttenstrasse zu.


Ich muss noch bemerken, dass der Puchsteiger Ey und Haldenaufseher Ritter hatten einen Kasten anfertigen lassen, hier war angebracht folgende Inschrift: Hoch lebe der Reichsverweser Erzherzog Johann den 6.August 1848. Ein Engel war über dieser Inschrift angebracht, welcher eine Fahne in der Hand hielt mit schwarz rot und gold. Es waren Lichter in diesem Kasten angebracht, sodass der Name des Reichsverwesers nebst dem Engel brannten. Dieser Kasten wurde auf einer Stange von dem Wäschearbeiter Langenberger dem Zuge voraufgetragen. In der ganzen Stadt wurde illuminiert, und es ist ein ewig denkwürdiger Gedächtnistag unserer Stadt.“ Einige Wochen darauf bekam die Bürgerwehr nun auch eine eigene Fahne, über deren Einweihung die Chronik folgendes mitteilt:


Sonnabend,d. 23. September 1848 nachmittags 4 Uhr wurde von den Jungfrauen hier in Wildemann der Bürgerwehr eine Fahne mit den Farben schwarz rot und gold geschenkt. Die Jungfrauen hatten sich versammelt in der Försterwohnung, und dieselben eröffneten den Zug in weisse Kleider gekleidet, es waren 75 an der Zahl, hierauf folgte das Musik— Corps und dann die Bürgerwehr, Der Zug ging in Wildemann hinauf dem Rathaus zu, vor demselben wurde Halt gemacht. Die Tochter des reitenden Försters Breustedt (Molly B. ) brachte die Fahne aus den Rathause hielt eine Rede an die Wehrmänner und übergab die Fahne dann dem Cämmerer Degenhardt. Dieser deutete hin in einer Rede auf die Farben der Fahne und ihre Wichtigkeit und alsdann übergab er die Fahne dem Fähnrich der Wehrmänner Kaufmann Hermann Pape. Der Zug ging alsdann durch die ganze Stadt, es waren die Strasse mit Tannen und Girlanden geziert auf dem Bohlweg hing über der Strasse ein Schild mit folgender Inschrift: Gott schirme uns. Ueber diesen Worten lagen zwei Schwerter im Kreuz, auf der anderen Seite stand: Es lebe ganz Deutschland! Der Kommandör der Bürgerwehr war Hüttenmann Ernst Schröder. Demselben wurde von der Jungfrau Loortz eine Schärpe geschenkt und die Jungfer Liebetraut schenkte dem Kaufmann Pape eine Schärpe im Namen der sämtlichen Jungfrauen, und wurden bei der Uebergabe der Fahne angelegt. Da nun den folgenden Tag das Junggesellenschiessen in Lautenthal war, Sonntag, d. 24.September, so ging das benannte Corps mit der Fahne nach Lautenthal, so auch die Zellerfelder, und wohnten dem Aufzug bei, wo grosse Aufwände stattfanden. Es ist noch zu bemerken, dass auch die Wehrmänner der Bergstadt Altenau dem Aufzug in Lautenthal beiwohnten, und Lautenthal sah sich durch die drei auswärtigen Corps sehr geehrt." So weit die Chronik!


Im Winter 1848/49 ereignete sich nichts Besonderes. Als die Nationalversammlung in Frankfurt sich auflöste, und die ganze Bundesreform kläglich gescheitert war, legte sich der Sturm der Begeisterung allmählich, und die Bürgerwehr löste sich auf.


Abwanderung Wildemanner Bergleute nach Ramsbeck in Westfalen



Weil der Oberharzer Bergbau trotz aller Verbesserungen und sonstiger Massnahmen immer noch nicht so rentabel war, dass er die stark angewachsene Bevölkerung ernähren konnte, wurden - um einer Arbeitslosigkeit vorzubeugen - seitens der Bergbehörde Auswanderungen nach Amerika und Australien durch Gewährung der Ueberfahrts - und Reisekosten und Bezahlung etwaiger Schulden gefördert. Deshalb sind besonders in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts viele Oberharzer Bergleute, darunter auch einige aus Wildemann nach Texas und Australien ausgewandert.


Wie sehr jedoch trotz des Ueberschusses an Arbeitskräften der Bergbehörde das Wohl ihrer Berg - , Poch— und Hüttenleute am Herzen lag, zeigt das energische Vorgehen gegen voreilige und unüberlegte Abwanderung. Im Herbst 1854 tauchten Leute im Oberharz auf, die Bergleute für neue Kohlengruben bei Ramsbeck in Westfalen anwerben wollten. Sie versprachen: 8stündige Arbeitszeit, wöchentlich 4 Taler Lohn - gegen 2 Taler im Oberharz— ausreichende Wohnung und billiges Brot neben anderen Vergünstigungen. Der Berghauptmann warnte am 10. August 1854 vor unbesonnener Auswanderung durch eine Bekanntmachung in den Oeffentlichen Anzeigen für den Harz. Es hiess darin, dass die Zustände in Ramsbeck nicht gesichert seien und alle diejenigen Personen, die ihre Arbeitsstätte ohne Urlaub verlassen, nicht darauf rechnen könnten, jemals wieder im Oberharzer Bergbau Beschäftigung zu finden, falls sie zurückkehren sollten. Trotz dieser Warnung liess sich doch eine grössere Anzahl von Bergleuten anwerben, und in der Zeit von September bis anfangs November des oben genannten Jahres wanderten etwa 300 Bergleute ab, nachdem sie der Bergbehörde trotzig ihre Arbeit vor die Füsse geworfen und auch sonst noch Lärm und Unfug vor dem Clausthaler Amthause verübt hatten.


Der Aktienschwindel in Ramsbeck nahm bald ein rasches Ende, und die Abgewanderten kamen fast alle noch im selbigen Jahr wieder zurück. Alle Gesuche um Wiedereinstellung wurden unter Hinweis auf die oben erwähnte Bekanntmachung abschlägig entschieden. Nur einige Verheiratete wurden als Gelegenheitsarbeiter beschäftigt, waren aber vom Genuss aller bergmännischen Vorteile— billiges Brotkorn, Knappschaftshilfe u.s.w. - ausgeschlossen. Im Sommer 1855 fanden 60 Ramsbecker in den Kohlenbergwerken bei Saarbrück Arbeit.


Als König Georg V. am 12.Juli 1863 in Wildemann weilte, erreichte es ein Ramsbecker, der Bergmann Wilhelm Vogt aus Clausthal oder Zellerfeld? - durch einen Fussfall auf offener Strasse vor des Königs Kutsche, dass ihm und seinen Leidensgenossen alle knappschaftlichen Vorteile wieder eingeräumt wurden.


Aus Wildemann waren abgewandert: Bergmann Friedrich Warnecke, Bergmann Wilhelm Otte, Bergmann H. Knorr, die Pocharbeiter Gebrüder Brandt, der Schuhmacher Friedrich und ein Bäckergeselle. Diese wanderten am 3. Oktober 1854 ab und waren Weihnachten desselben Jahres wieder in der Heimat.

Annahme der Landgemeinde - Ordnung



Weil die seit Jahrzehnten durch Zellerfelder Bergwerksassessoren kommissarisch ausgeübte Verwaltung der Bergstadt sehr umständlich war und auch allerlei Unzuträglichkeiten mit sich brachte, wurde von dem nach der Städteordnung vom 1.Mai 1851 auch „amtssässigen" Städten zustehenden Recht, sich einen Magistrat zu wählen, im Jahre 1853 Gebrauch gemacht.


Der erste Bürgermeister war der Obergeschworene H. Pape, jedenfalls identisch mit dem Geschworenen Carl Heinrich Pape, der im "Hof - und Staatshandbuch für das Königreich Hannover" vom Jahre 1843 ab - also unter der kommissarischen Verwaltung durch die Bergwerksassessoren Andersen und Römer - als Senator der Bergstadt Wildemann genannt wird. Ihm zur Seite standen die beiden Ratsherrn H. Herrling und C. Schubert.


Pape hat das Bürgermeisteramt nur einige Jahre ausgeübt, denn schon am 9 September 1858 wurde der Schichtmeister E. Gärtner sein Nachfolger, während die beiden Ratsherrn Herrling und Schubert noch in ihrem Amte blieben. Der letztere wurde jedoch 1862 durch den Ratsherrn Seeligmann ersetzt.


Für die Rechnungsführung der Stadt wurde ein besonderer Kämmerer beibehalten.

Gefährliches Hochwasser im Jahre 1861



Wenn es zur Zeit der Schneeschmelze auch noch heftig und anhaltend regnet, oder wenn ein wolkenbruchartige Regen längere Zeit anhält, so führt die Innerste oft gewaltige Wassermassen, sodass das sonst harmlos erscheinende Gewässer zu einem gewaltigen Bergstrom heranwächst. Schon der Chronist Hake berichtet, dass in Jahre 1572 das Hochwasser der Innerste "alle Brücken auf Wildemann weggerissen bis auf eine nahe bei der Badstuben."


Aehnlich so war es 1861! Am 28. und 29. Juni verursachte ein andauernder und starker Regen ein gewaltiges Steigen der Innerste. Der reissende Strom schwemmte die meisten Brücken innerhalb der Stadt fort, und nur zwei, eine vor der Strasse Sonnenglanz - auch Winkel genannt - und die andere der Kirchtreppe gegenüber, waren geblieben, weil man sie mit starken eisernen Ketten rechtzeitig festgehängt hatte. Nicht nur die Wildemanner Fuhrherrn, sondern auch die aus Zellerfeld und Clausthal waren mit ihren Wagen und Pferden erschienen, um frischgefällte Fichten, deren Zweige nicht entfernt wurden, heranzufahren, damit durch Einhängen dieser Bäume ein weiteres Einstürzen der Ufer verhindert wurde. Der Schaden, den diese Hochflut innerhalb der Stadt angerichtet hatte , war so gross, dass er nach zwei Jahren noch nicht beseitigt war, weil es der Stadtverwaltung an Mitteln fehlte, die Kosten aufzubringen.


Georg V. kommt zur Denkmalsweihe nach Wildemann



Besonders gut waren die Beziehungen zwischen der Bergstadt Wildemann und dem hannoverschen König Georg V.. Dazu hatte wohl ganz besonders die Tatsache beigetragen, dass der Erzieher des damaligen Kronprinzen, der Oberstudienrat August Pabst, ein Sohn des Kantors Pabst war, der von 1806 - 1855 als alleinstehender Lehrer das Schulamt in Wildemann versehen hatte.


Aus Verehrung für Georg V. errichteten die Wildemanner ihrem Landesvater 1863 auf der Halde der alten Grube "Siebengestirn“, die schon seit 1861 dem Turnverein als Turnplatz diente, ein Denkmal aus Oberharzer Gestein, vermischt mit schönen Erzstufen. Es hat die Form einer abgestumpften Pyramide und trägt am Sockel die Inschrift:


Reg. Hon Georgio V.
civ. Wildemann.


Die königliche Familie war zur Einweihungsfeier eingeladen und kam deshalb am 12.Juli 1863 nach Wildemann. Unter Glockengeläute wurde der hohe Besuch von der jubelnden Einwohnerschaft empfangen. Alle Häuser der Stadt waren aufs beste geschmückt, Ehrenpforten waren gebaut, Girlanden über die Strassen gezogen und gelb - weisse Fahnen aus vielen Fenstern gehängt. Die Berg - , Poch - und Hüttenleute waren in ihrer einfachen und doch so feierlichen Tracht erschienen und auch die Schulkinder hatten sich unter Führung ihrer beiden Lehrer Kirch und Sudhoff eingefunden. Ferner hatten sich die beiden Vereine der Bergstadt Wildemann - Sängerverein und Turnverein - eingestellt und liessen ihre Fahnen wehen. Unter Böllerschüssen setzte sich der Festzug Rathause aus in Bewegung, um mit schmetternder Musik und fliegenden Fahnen nach der Siebengestirner Halde zu marschieren. An der Spitze des Festzuges führten alter Wildemanner Sitte gemäss einige "Heck - Mannle" und "Moos - Weible" - arme Knaben, deren gesamte Kleidung aussen mit Schlangenmoos und Fichtenzweiglein eng benäht war - ihre lustigen Sprünge aus, woran besonders die auch erschienenen kleinen Prinzessinnen Friederike und Marie ihre Freude hatten.


Auf der Halde angekommen, wurde zunächst die Weihe des Denkmals vorgenommen, wobei der Kantor Kirch die Festrede hielt. Nach erfolgtem Weiheakt herrschte auf der Halde unter Anteilnahme der gesamten Einwohner ein fröhliches Leben und Treiben. Zu erwähnen ist, dass es den Prinzessinnen besonderen Spass machte, die Heck - Mannle und Moos - Weible mit Schokolade und sonstigen Süssigkeiten zum sofortigen Verzehren zu bewirten.


Die vom Singverein vorgetragenen Lieder erregten das Interesse des blinden Königs, und die Vorführungen des Turnvereins das der Königin und Prinzessinnen.


Als der Abend nahte, ging es im geschlossenen Zuge von der "Georgen - Höhe" - wie die Halde jetzt genannt wurde - zurück zur festlich geschmückten Stadt.


Aus Dankbarkeit für die ihm und seiner Familie erwiesenen Ehrungen schenkte der König der Gemeinde den Betrag von 1000 Talern, die Königin Marie gab 300 Taler. Mit dem grössten Teil dieses Geldes konnten die durch das Hochwasser der Innerste 1861 verursachten Verheerungen innerhalb der Stadt gänzlich beseitigt werden. Die noch heute jedem Hochwasser Trotz bietenden starken Ufermauern der Innerste sind noch Zeugen aus jener Zeit.


Das Drama von Langensalza



Als Georg V. 1863 mit seiner Familie an der Weihe seines Denkmals in Wildemann teilnahm, hat wohl niemand daran gedacht, dass das Verhängnis von 1866 sobald über das Königshaus und das ganze Hannoverland hereinbrechen würde.


Den blinden König Georg V. hatte das Geschick dazu bestimmt, alle Ereignisse - besonders die politischen - mit den Augen seiner Umgebung zu sehen, und das wurde sein Unglück. Der welfische Adel in der Umgebung des Königs sah in Preussen den bittersten Feind Hannovers und veranlasste daher, dass sich der König im Kampfe an die Seite Oesterreichs stellte.


Diese Stellungnahme führte zum Verlust der Selbständigkeit Hannovers, woran auch der am 27.Juni 1866 bei Langensalza erfochtene Sieg über die preussischen Truppen nichts ändern konnte, weil die hannoversche Armee am Tage nach der Schlacht von allen Seiten umzingelt war und sich deshalb ergeben musste. Nach Ablieferung ihrer Waffen konnten auch die Wildemanner Kriegsteilnehmer mit dem Wanderstab in die Heimatstadt zurückkehren.


Der Sieg Preussens über Oesterreich bei Königgrätz am 3. Juli 1866 entschied auch über das Schicksal Hannovers und seines Königshauses. Im Frieden von Prag erhielt Wilhelm I. das Recht, Hannover seiner Monarchie einzuverleiben. Durch das Patent vom 3.Oktober 1866 nahm der preussische König öffentlich Besitz vom Königreich Hannover.


Wegen der engen Beziehungen, die zwischen der Bevölkerung des Oberharzes und den welfischen Herzögen, Fürsten und Königen beinahe 350 Jahre hindurch bestanden haben, ist es zu verstehen, dass die Erbitterung der Oberharzer über die Einverleibung Hannovers— die besonders durch den hannoverschen Adel noch geschürt wurde— zunächst recht gross war und die Partei der Welfen bei den Wahlen zum Reichstag und Landtag auch in Wildemann viele Anhänger hatte. Mit Stolz trug mancher das hannoversche Ross als welfisches Abzeichen, und die Bilder der hannoverschen Könige und ihrer Familienangehörigen wurden noch viele Jahre als Wandschmuck in den Wohnräumen bevorzugt. Erst nach und nach wurde die jüngere Generation der Wildemanner treue Anhänger des Hauses Hohenzollern.


Die Wildemanner Volksschule in der hannoverschen Zeit



Wie oben schon berichtet, wurde die Wildemanner Latein - oder Stadtschule zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgehoben und eine allgemeine Volksschule für Knaben und Mädchen eingerichtet. Der Opfermann Daniel Friedrich Strauch, der bisher nur eine Mädchenklasse unterrichtet hatte, wird 1805 als Kantor und Schullehrer, Aeditus und Organist bezeichnet und war also der einzige Lehrer des Ortes. Er ging jedoch im soeben genannten Jahr als Waisenvater nach Clausthal, und der Kantor Andreas Zacharias Julius Pabst wurde sein Nachfolger. Diesem Lehrer ist das Schulamt nicht leicht geworden, denn er musste etwa 150 Kinder unterrichten, deren Zahl sich aber so vermehrte, dass ihm der Lehrer Wilhelm Kirch als "Adjunkt" behilflich war. Pabst starb am 10. Juli 1855, und Kirch folgte ihm im Amte. Die Schulbehörde ernannte diesen am 7. April 1856 zum ersten Lehrer, Küster und Organisten und den Lehrer Christoph zu gleicher Zeit zum zweites Lehrer, weil die Zahl der Schulkinder inzwischen auf etwa 200 gestiegen war.


Das Einkommen des ersten Lehrers betrug damals jährlich 225 Taler nebst freier Wohnung im Schulgebäude, der zweite Lehrer erhielt 125 Taler und noch 13 Taler als Wohnungsgeld.


Christoph ging am 9. September 1858 nach Zellerfeld und der Lehrer Sudhoff kam im März 1859 an seine Stelle. Diesem folgte 1865 der Lehrer Heinrich Mennecke. Kirch und Mennecke sind dann lange Jahre hindurch die einzigen Lehrer der Wildemanner Jugend gewesen, worüber weiter unten noch die Rede sein wird.


Neben der Volksschule hatte der Ort auch noch eine besondere "Pochknabenschule". Es gab zu jener Zeit viele Knaben, die schon von ihrem 10 .Lebensjahre ab ins Pochwerk gingen, um sich ihren Unterhalt zu verdienen. Ihre Arbeitszeit dauerte von morgens 4 Uhr bis nachmittags 4 Uhr mit einer halbstündigen Pause um 7 Uhr und einer einstündigen um 11 Uhr.


Da die Pochknaben wegen ihrer langen Arbeitszeit die Volksschule nicht besuchen konnten, wurde eine Pochknabenschule eingerichtet. Der Unterricht fand an dem sonst schulfreien Sonnabend statt, zuweilen auch an einzelnen Nachmittagen.


Ueber die Schulgebäude ist zu berichten, dass das alte ehrwürdige Schulhaus neben der Kirche im 19. Jahrhundert nicht mehr als Unterrichtsraum und Lehrerwohnung gedient hat. Was die Stadt dazu bewogen hat, das alte Schulhaus in Privathand übergehen zu lassen und dafür in der Goslarschen Strasse ein Schulgebäude zu erwerben, konnte nicht festgestellt werden. Für die zweite Lehrerstelle mietete man im Hause des verstorbenen Waldarbeiters August Schlüter in der Hüttenstrasse eine Wohnstube als Unterrichtsraum für 12 Groschen wöchentlich. Das war im Jahre 1856, und am 9. August 1858 wurde das betreffende Haus von der Schulgemeinde angekauft und daher auch als Wohnung für den zweiten Lehrer bestimmt.


Das Kirchenwesen der Bergstadt unter hannoverscher Herrschaft

Wildemanner Prediger in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts


Dem Lehrer Deeke folgte von


1804 - 1808 Johann Georg Daniel Richter, geb. den 3.7.1757 in Herzberg, vorher Kantor in Northeim,


nachher Pastor in Elvershausen bei Katlenburg.


1808 - 1817 folgte Johann Georg Wilhelm Möller, vorher Pastor


in Adelebsen, nachher Superintendent in Katlenburg.


Auf Möller folgte von 1817 - 1826 Karl Friedrich Wilhelm Bussenius, geb. 1788 in Gebhardshagen. Er war seit 1824 auch zugleich Prediger in Grund, ging nach Duingen bei Alfeld.


Ihm folgte 1826 - 1838 Christian Wilhelm Ferdinand Block, geb. 9.7.1797


in Elbingerode bei Herzberg, ging nach Wulften bei Northeim und starb dort am 8.4.1843.


Der Nachfolger war von 1838 - 1846 dessen Vetter Johann Heinrich Friedrich Ludwig Dickhoff, geb. 19.8.1803 in Osterode und starb auch in seinem Geburtsort, wohin er sich krankheitshalber begeben hatte, am 5.9.1846. Nachdem der Pastor Heering aus Zellerfeld den Kirchendienst etwa ein halbes Jahr stellvertretend ausgeübt hatte, amtiert vom 9. März 1847 - 1875 Georg August Ludwig Jacobi, geb.31.1.l808 in Sievershausen (Solling), starb als Pastor im Ruhestande in Osterode.


Sonstige kirchliche Nachrichten.


Im Jahre 1821 wurde die Kirche wegen Baufälligkeit umgebaut. Die Baukosten wurden teilweise durch freiwillige Gaben der Gemeindemitglieder aufgebracht, doch mussten auch noch einige Kapitalien angeliehen werden. Trotzdem blieb der sogenannte runde Giebel hinter der Kanzel noch weiterhin baufällig.


1826 lieferte der Orgelbauer Lindrum aus Goslar eine neue Orgel, weil die alte so abgenutzt war, dass einige Jahre hindurch ohne Orgelbegleitung gesungen werden musste.


Am 29 September 1828 erhielt der Kirchturm einen neuen Knopf mit dem Wildemanner Wappen in der Windfahne.


1838 wurde das jetzige Pfarrhaus an der Innerstestrasse von der Kirchengemeinde erworben.


Wie oben berichtet, konnte 1821 der Umbau der Kirche wegen Geldmangel nicht vollendet werden. Als jedoch im Jahre 1839 der König Ernst August Wildemann besuchte und infolge einer Bitte der Ehefrau des Bergmanns Carl Becher der Kirche 200 Taler schenkte, konnte man 1840 weiter bauen und auch den Ostgiebel der Kirche erneuern.


Im Sommer 1843 wurde die sogenannte Kirchtreppe mit neu gestufften(behauenen)Steinen angelegt.