Wildemann als preussische Gemeinde bis zum Weltkrieg 1914/18.

Aus Familienalbum
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Die Bergstadt im Kriege 1870/71



Es ist König Wilhelm gewiss nicht leicht geworden, dem Königreich Hannover ein Ende zu bereiten, dessen Beherrscher seit fast 800 Jahren durch allen Wechsel der Zeiten hindurch mit ihrem Volke verwachsen waren, und es war wohl nur die Rücksicht auf den vorhergesehenen Kampf mit Frankreich, der ihn dazu bestimmte, sich gegen den bösen Nachbar eine starke Stellung zu verschaffen, damit es diesem nicht möglich war, an der Nordsee mittels seiner starken Flotte eine Armee zu landen. (Nach Guth)


Und als das Vorhergesehene nun eintraf und Frankreich im Juli 1870 Preussen den Krieg erklärte, zogen auch die wehrfähigen Männer und Jünglinge aus unserer Bergstadt mit dem grossen deutschen Heere sieghaft in Frankreich hinein. Mit Böllerschüssen uad Fahnenschmuck begrüssten die Wildemanner die Siegesnachrichten von Weissenburg, Spichern, Wörth und Metz, und als am Morgen des 3. September die Kunde von Napoleons Gefangennahme auch in Wildemann eingetroffen war, wurde dieser Tag von der freudig erregten Bevölkerung durch allerlei Veranstaltungen ganz besonders gefeiert.


Als dann anfangs März 1871 endlich die Nachricht eintraf, dass die französische Nationalversammlung zum Frieden bereit war, rief diese Kunde allgemeine Freude hervor, und man rüstete zum Friedensfest.


Dieses wurde am l8. Juni 1871 unter Teilnahme der gesamten Einwohnerschaft gefeiert. Fast alle Häuser der Stadt waren mit Girlanden geschmückt, und die Besitzer von Fahnen hatten diese aus den Fenstern gehängt. In einem langen Festzug waren sämtliche Vereine der Bergstadt mit ihren Fahnen vertreten, denen sich die Berg - und Hüttenleute in ihrer Tracht, die Jungfrauen und Schulkinder angeschlossen hatten. Nachdem im Rathausgarten eine Friedenseiche gepflanzt war, übereichten zwei Ehrenjungfrauen den beiden bisher zurückgekehrten Kriegern Lorbeerkränze, und der Festredner Bürgermeister Tettenborn gab der allgemeinen patriotischen Stimmung mit begeisterten Worten Ausdruck. Ein donnerndes Hoch der Anwesenden auf den Kaiser und die tapferen Krieger beschloss die Feier. Am Abend wurden die meisten Häuser der Stadt - wie es in jener Zeit üblich war - illuminiert, indem man brennende Kerzen in die Fensterbänke stellte.


Nachdem nun im Laufe des Sommers der grösste Teil der Wildemanner Kriegsteilnehmer aus Frankreich zurückgekehrt war, wurde für diese seitens der städtischen Kollegien am Sonntag, d. [..] ein Fest veranstaltet. Bürgermeister Tettenborn hielt an der Friedenseiche eine patriotische Ansprache, worin derselbe die grossen Verdienste der Krieger um das Vaterland hervorhebt. Als das Hoch der Festteilnehmer auf den Kaiser und seine tapferen Soldaten verklungen war, überreichten zwei Ehrenjungfrauen jedem der heimgekehrten Krieger einen Lorbeerstrauss aus Eichenlaub. Nachdem noch jedem Kriegsteilnehmer ein Geldgeschenk übergeben war, bewegte sich ein Festzug - an dem die Mitglieder des Magistrats und des Bürgervorsteher - Kollegiums geschlossen teilnahmen - durch die Strassen der Stadt nach dem Schützenhause , wo unter zahlreicher Beteiligung der Einwohnerschaft durch ein Festessen mit anschliessendem Ball das Fest seinen Abschluss fand.


Ein glücklicher Stern hatte über den meisten Wildemanner Kriegsteilnehmern gewaltet, denn nur einer derselben - August Reckewell - sah die Heimat nicht wieder und ist in einem Lazarett während des Krieges gestorben.


Aenderung der Brennholz - und Ablösung der Bauholzberechtigungen



Infolge der preussischen Verordnung vom 4. September 1867 trat in dem Bezug von freiem Brennholz insofern eine Aenderung ein, dass dieses Recht der politischen Gemeinde übertragen wurde. Dieser wurde das erforderliche Holzquantum nach 10 jährigem Durchschnitt mit 5% Zuschlag für Brennholz von der Forstbehörde überwiesen. Davon war [...] Scheitholz, und der Rest bestand aus Knüppel - oder Rundholz, Stöckerholz und Stuken. Die Gemeindebehörde hatte nun die Pflicht, das Holz alljährlich nach häuslichem Bedarf auf Grund einer vom jeweiligen Kämmerer aufgestellten "Holzliste" unter die einzelnen Gemeindemitglieder zu verteilen, denen es von einem dazu beauftragten Förster oder sonstigen Gemeindemitglied im Walde an Ort und Stelle angewiesen wurde.


Die Bauholzberechtigung wurde nach dem preussischen Gesetz vom 13. Juni 1873 zwangsweise abgelöst, wobei das Ablösungskapital den einzelnen Hausbesitzern ausgezahlt wurde. Das war für manche ein sehr gutes Geschäft, weil sie nach der Grösse und dem baulichen Zustand ihrer Häuser mit einigen Hunderten von Talern abgefunden wurden.


Doch enthielt dieses Gesetz die Bestimmung, dass die Ablösung der Brennholzberechtigung gegen den Willen der Holzberechtigten ausgeschlossen sein sollte, sie kann also nur im Einverständnis mit der Gemeinde geschehen.


Anfang des Kurbetriebes durch den Bau einer Badeanstalt



Als die Postkutsche noch das einzige Verkehrsmittel war, wusste man in Wildemann noch nichts von einem Fremdenverkehr, welcher der Gesundheit und Erholung dienen sollte. Nur ab und zu kamen im Frühling oder Sommer einige Wanderer mit Ranzen und Wanderstab nach Wildemann, ohne jedoch längeren Aufenthalt zu nehmen.


Anders war es mit der benachbarten Bergstadt Grund , wo bereits am 1.Mai 1855 durch den Apotheker Helmkampf eine „Fichten - Kuranstalt" gegründet wurde, die, von Jahr zu Jahr zunehmend, eine grosse Zahl Kranke und Erholungssuchende anzog.


Deshalb fasste man im Herbst 1872 auch in Wildemann den Entschluss, eine "Badeanstalt" ins Leben zu rufen. Der zu diesem Zweck gegründete Badeverein glaubte, mit 2000 Talern ein Badehaus bauen und ausstatten zu können. 1000 Taler sollten angeliehen und 1000 Taler durch Aktien zu je 10 Talern aufgebracht werden. Die Begeisterung war so gross, dass das Aktienkapital um mehr als das Doppelte überzeichnet wurde.


Als Bauplatz war das Grundstück ausersehen, auf dem bis um die Mitte des 18.Jahrhunderts die Wildemanner Silberhütte gestanden hatte, und im Frühling 1873 wurde mit den Ausschachtungsarbeiten begonnen, wobei man auf eine mit Holzkohlen durchsetzte etwa 1m tiefe Schlackenschicht stiess, die noch sehr metallhaltig war.


Als der Bau der Anstalt bald vollendet war, fehlte es an Baukapital, und der Vorstand des Badevereins beschloss in der Sitzung vom 15. September 1873, die Mitglieder des Vereins, die die gezeichneten Aktien nicht vollständig eingezahlt hatten, zur schleunigsten Zahlung aufzufordern. Ausserdem wurde noch der Beschluss gefasst, bei der Wildemanner Kämmereikasse, die bereits 200 Taler vorgestreckt hatte, eine Anleihe von 500 Talern aufzunehmen.


Der Magistrat hatte schon vorher in einem an die Landdrostei Hildesheim gerichteten Gesuch die Bitte ausgesprochen, durch Zahlung einer Unterstützung die Vollendung des Badehauses zu ermöglichen.


Wohl infolge dieses Gesuches besuchte der Landdrost Graf von Westkarp in Begleitung des Kreishauptmanns im März 1874 unsere Bergstadt, um die Badeanstalt zu besichtigen, und im Frühjahr desselben Jahres konnte der Badebetrieb eröffnet werden.


Die Badeanstalt wurde wohl hauptsächlich von den Mitgliedern der Knappschafts - Krankenkasse benutzt, stand aber auch der sonstigen Einwohnerschaft und den Kurgästen offen.


Um die junge Kuranstalt zum Aufblühen zu bringen, und besonders den Kurfremden den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, wurde im Badehaus auch Restaurations - Betrieb eingerichtet und die Umgebung des Gebäudes durch Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern parkähnlich gestaltet und mit Ruhebänken versehen. Auch das Stadtbild wurde verschönert. Im Frühjahr 1875 wurde am Badtubenberg ein Spazierweg geschaffen und mit Quitschen und Kastanien bepflanzt, wozu die Landdrostei Hildesheim 500 Taler gewährt hatte.


Als im Mai 1877 der Personenverkehr der Harzbahn Langelsheim - Clausthal seinen Anfang nahm, wurde auch Wildemann mehr und mehr dem Kurverkehr erschlossen, und die Zahl der Kurgäste nahm mit jedem Jahr zu.


Besonders in den Jahren 1881 - 1885 verstanden es die Pächter der Badeanstalt G. Kunze und dessen Nachfolger Antonio Bellometti, den Bade - und Restaurationsbetrieb zur Blüte zu bringen, indem sie während des Sommers im Kurgarten Konzerte - ausgeführt von der Kapelle des l0. Jägerbataillons in Goslar oder von der Clausthaler Bergkapelle - veranstalteten, zu denen auch Gäste aus den umliegenden Bergstädten erschienen. Bei Eintritt der Dunkelheit wurde der Kurpark illuminiert und dazu noch ein Feuerwerk abgebrannt. Am Abend fand dann noch im Restaurations— Saal ein Tanzvergnügen statt.


Auch im Winter herrschte im Bade - Restaurant reger Betrieb, denn einige Wildemanner Vereine hielten dort ihre Versammlungen ab.


Der Nachfolger von Bellometti war der Gastwirt Hermann Multopp, der Inhaber des Hotels "Zum Wilden Mann“, der sozusagen nur nebenbei den Bade - und Restaurationsbetrieb weiterführte. Ihre Blütezeit war vorbei, und nach einigen Jahren wurde die wohl nicht mehr zeitgemäss eingerichtete Badeanstalt geschlossen. Der Badeverein löste sich auf, das Badehaus wurde öffentlich versteigert und kam dadurch in Privatbesitz.


Die Bergstadt wird Bahnstation



Schon die hannoversche Regierung hatte den Plan, die bereits bis Goslar, bezw. Langelsheim, führende Eisenbahn - Strecke über Lautenthal und Wildemann bis Clausthal weiterzuführen, aber dieses Werk wurde erst von der "Magdeburg - Halberstädter - Eisenbahn - Ges.“ ausgeführt. Die grössten Schwierigkeiten für die Linienführung der Bahnstrecke waren im engen Innerstetal bei Wildemann zu überwinden. Als die technischen Beamten sich dann endlich nach vielen Vermessungen und Beratungen für den Bau eines Tunnels durch den Galgenberg entschieden hatten, wurde am 23. Juli 1874 mit der ersten Schicht zur Herstellung desselben begonnen. Die Arbeiten wurden hauptsächlich von Tirolern und Italienern ausgeführt. Die Förderung der abgesprengten Gebirgsmassen geschah an der


Nordseite des Berges durch Menschenkraft, weil der Schienenstrang für die beladenen Loren etwas Gefälle hatte, an der Südseite dagegen mussten für denselben Zweck Pferde in Anspruch genommen werden.


In der Nacht vom 12. auf den 13. Mai 1875 erfolgte der Durchschlag. Tag und Nacht - auch an Sonntagen - wurde in zwölfstündigen Schichten gearbeitet, und alle sechs Stunden wurden die Bohrlöcher abgeschossen. Von den Arbeitern wurde glücklicherweise niemand getötet oder beschädigt. Um so mehr hatte man Veranlassung, am Montag, d. 14 Juli, die Fahnen mit deutschen, österreichischen und italienischen Farben auf den Eisenbahnbrücken oberhalb und unterhalb des Tunnels wehen zu lassen.


Die Fertigstellung der gesamten Bahnstrecke Langelsheim - Clausthal hat dann wegen vieler Schwierigkeiten im engen Innerstetal noch einige Jahre gedauert.


Grosse Aufregung herrschte in unserer Bergstadt, als im September 1876 bekannt wurde, dass die Eisenbahn - Gesellschaft die Absicht habe, in Wildemann nur eine Haltestelle für Personenverkehr einzurichten, jedoch den Güterverkehr auszuschliessen, weil die zu erbauende Zufuhrstrasse erhebliche Kosten verursachen würde.


In einer Protestversammlung Wildemanner Einwohner wurden die Vertreter der Stadt aufgefordert, bei den Behörden und der Direktion der Eisenbahn - Gesellschaft die nötigen Schritte zu tun, damit die Stadt nicht benachteiligt werde.


Und als am 15.Mai 1877 der Personenverkehr eröffnet wurde, konnte auf der Station Wildemann noch kein Güterverkehr stattfinden, weil der Zufuhrweg für diesen erst fertiggestellt wurde, nachdem die Stadt einen Kostenzuschuss von 2500 M geleistet hatte. Erst im September 1877 konnte man auf der Wildemanner Station Güter empfangen und absenden.


Wegen der Geländeschwierigkeiten wurde zunächst ein provisorisches Bahnhofsgebäude errichtet, aber im Juni 1878 wurde mit dem Bau des heutigen massiven Bahnhofsgebäudes begonnen, das am unteren Abhang des Berges gelegen—von seiner Terrasse aus einen hübschen Ueberblick über den oberen Teil der Stadt gewährt und besonders im Sommer durch seine parkartig gestaltete Umgebung Reisenden und Kurgästen einen angenehmen Aufenthalt bietet.


Am 28.Juni 1879 wurde der Bahnhof Wildemann amtlich eingeweiht.


Der Bau dieser Eisenbahnlinie - die 1914 bis Altenau durchgeführt wurde - ist für unsere Bergstadt von grosser Bedeutung gewesen und hat dazu beigetragen, dass sich durch Steinindustrie und Fremdenverkehr die wirtschaftlichen Verhältnisse der Einwohnerschaft besserten. Und das war notwendig, weil der Wildemanner Bergbau schon seit Jahrzehnten nachgelassen hatte.


Der erste Stationsvorsteher hiess Fricke, ihm folgten 1880 Kunze, 1881 Stattler, 1882 Werner, 1884 Laube, 1886 Heimbach, 1894 Gärtner, 1902 Dürkop, 1905 Fricke, 1909 Wunram.


Das Postwesen



In der ältesten Zeit konnten Nachrichten und Briefe der Wildemanner Einwohner nur gelegentlich durch Handelsleute oder beauftragte Boten oder Botenfrauen abgesandt oder empfangen werden. Das Gleiche galt für die Beförderung von Paketen. Als dann zu Beginn des 18. Jahrhunderts Clausthal ein Mittelpunkt für amtliche Fahr - und Botenposten geworden war, wurde es für Wildemann in postalischer Beziehung bedeutend besser, den der Weg nach Clausthal war nicht sehr weit.


Von 1840 ab benutzte man auch das Innerstetal als Poststrasse bis Lautenthal, und von dort fuhr die Post weiter bis Goslar, bezw. über Seesen und Bockenem nach Hildesheim. Später wurde Wildemann nicht mehr von einer fahrenden Post berührt, da diese von 1867 ab den Weg von Clausthal nach Seesen - dieser Ort war bereits Bahnstation - über Grund und Gittelde nahm.


Schon vor Fertigstellung der Eisenbahnlinie Langelsheim - Clauethal - Zellerfeld errichtete man in Wildemann am 15. Dezember 1873 eine Postagentur, deren erster Verwalter der Magistratsdiener Friedrich Gödecke war. Ihm folgten 1877 der Postagent Schirmer, 1878 Knorr. Dessen Wohnhaus brannte im April 1880 mit dem für Postzwecke eingerichteten Raum ab, und Lindner übernahm nun wohl die Postagentur. Dessen Nachfolger wurde 1886 der Kaufmann Robert Klapproth. Von 1899 ab leitete das Postwesen der Postverwalter Richter, seit 1907 der Postsekretär Seifert. Ihm stand seit 1913 die Postgehilfin Laebe zur Seite, die seit 1916 allein die Amtsgeschäfte leitete.


Die Stein - Industrie als neue Nährquelle der Einwohner



Als beim Bau der Eisenbahnlinie in der Nähe unserer Bergstadt sogenannte Bergnasen beseitigt und tiefe Einschnitte in das Gebirge hergestellt werden mussten, entdeckte man, dass sich besonders die Wildemanner Berge durch eine ganz vorzügliche Gesteinsart - Grauwacke genannt - auszeichneten, die hauptsächlich für Pflastersteine aber auch sonst nch als Schotter für Strassen und Eisenbahnbau geeignet war. Es entstanden daher bald oberhalb und unterhalb der Stadt die "Oberharzer Pflastersteinbrüche", die vielen Einwohnern - besonders bei Akkordarbeit - guten Verdienst gewährten.


Das war auch die Ursache, dass viele der italienischen Arbeiter auch nach Beendigung der Bahnstrecke in Wildemann blieben, sich als Steinbrucharbeiter betätigten und mit einheimischen Mädchen oder Witwen verheirateten. An italienisch klingenden Namen - Teltamanti, Avancini, Basso, Zanoni u.s.w. - sind heute noch die Nachkommen solcher Familien zu erkennen.


Auch einige Berg— und Hüttenleute verliessen ihre bisherigen Arbeitsstätten, um in den Steinbrüchen besseren Verdienst zu finden. Sie nahmen es mit in den Kauf, dadurch das Anrecht auf billiges Brotkorn und die knappschaftliche Fürsorge für sich selbst und ihre Familienangehörigen zu verlieren.


Wie gross die Zahl der Wildemanner Steinbrucharbeiter war, geht daraus hervor, dass die Inhaber der Steinbrüche - Gebrüder Paul und Hugo Siegheim aus Berlin - im Jahre 1879 den "Consumverein für die Oberharzer Pflastersteinbrüche" gründeten. Das Verkaufslokal befand sich im Hause des Bergmanns - invaliden Carl Friedrich Brandt, Hinterm Wasser, jetzt Innerstestrasse Nr. 89, der auch das Amt des Lagerhalters übernommen hatte.


Im Jahre 1882 wurden in den Steinbrüchen "Adlersberg" und „Schwarzwald" mehr als 300 Arbeiter - darunter über 100 Italiener - beschäftigt, wodurch das wirtschaftliche Leben der Stadt bedeutend gehoben wurde. Das war sehr zu begrüssen, weil der Wildemanner Bergbau sich von Jahr zu Jahr auf absteigender Linie bewegte.


Das Stadtbild wurde dadurch verschönert, dass sich der Steinbruchbesitzer Siegheim im Jahre 1883 unterhalb der Stadt eine Villa erbaute und deren Umgebung parkähnlich gestaltete. Aus der "Villa Clara" ist dann später das Wildemanner Kurhaus entstanden.


Die erste Einstellung des Wildemanner Bergbaues



Bei der Einverleibung Hannovers in den preussischen Staat wurde im Grubenwesen zunächst nichts geändert. Um die wirtschaftliche Lage der bergmännischen Bevölkerung nicht zu gefährden, wurden auch diejenigen Gruben im Gange erhalten, die wegen ihrer wenigen und silberarmen Erze einen staatlichen Zuschuss erforderten.


Im Wildemanner Stadtgebiet war schon seit Jahrzehnten nur noch die Grube "Ernst August" im Betrieb. Sie gewährte jedoch nur wenigen einheimischen Bergleuten Verdienst, die übrigen wurden auf Silbernaal, in Grund, auf der Bockswiese und in Lautenthal beschäftigt.


Im Juli 1895 wurde auch die letzte Wildemanner Grube verlassen, doch wurde der Betrieb am 1. April 1912 wieder aufgenommen, um die silberhaltigen Erze des "Spiegelthaler Gangzuges" zu erreichen. Zu diesem Zweck wurde ein neuer Stollen getrieben.


Als man jedoch bei dieser Arbeit in die Nähe eines seit langer Zeit verlassenen Schachtes kam, erfolgte plötzlich ein Wassereinbruch, der nicht "gewaltigt" werden konnte. Die Folge davon war, dass der angefangene Stollen nicht sein Ziel erreichte und die Grube nun wieder "stillgelegt" wurde.


Weitere Entwicklung zum Luftkurort


Es ist in dieser Chronik bereits berichtet, dass man in Wildemann schon 1873 eine "Badeanstalt“ erbaute, um— wie es der benachbarten Bergstadt Grund gelungen war - dadurch Erholungssuchende zu einem kürzeren oder längeren Aufenthalt heranzuziehen. Wenn das in den ersten Jahren nur in ganz geringem Masse gelungen ist, so lag das an den damaligen Verhältnissen. Erst der 1879 erfolgte Anschluss an das Eisenbahnnetz ebnete der Stadt den Weg für den Kurverkehr. Es ist nachgewiesen, dass im Sommer 1881 Wildemann von einigen Kurgästen aufgesucht ist. Mit jedem weiteren Jahr stieg die Zahl der Erholungsuchenden, und als um 1890 der Fremdenverkehr schon so zugenommen hatte, dass die Gasthäuser nicht mehr ausreichten, Sommergäste aufzunehmen, mussten diese auch in Privathäusern Unterkunft suchen. Wenn die Wildemanner Einwohner anfänglich gegen die Kurgäste Misstrauen hegten, so fanden sie doch bald Gefallen an ihnen, als sie merkten, dass mit deren Aufnahme ein guter Nebenverdienst verbunden war.
Da der Wohlstand in Deutschland um das Jahr 1900 eine hohe Stufe erreicht hatte, nahm die Reiselust auch im Mittelstand einen grösseren Umgang an, und Wildemann hatte dadurch einen erheblichen Fremdenverkehr. Wenn der Ort z.B. 1889 nur 120 Kurgäste aufzuweisen hatte, so waren es 1910 bereits 2294. Mit jedem Jahr wurde die in den Sommermonaten herausgegebene Kurliste umfangreicher, bis durch den Weltkrieg 1914/18 ein Rückschlag erfolgte.dadurch einen erheblichen Fremdenverkehr. Wenn der Ort z.B. 1889 nur 120 Kurgäste aufzuweisen hatte, so waren es 1910 bereits 2294. Mit jedem Jahr wurde die in den Sommermonaten herausgegebene Kurliste umfangreicher, bis durch den Weltkrieg 1914/18 ein Rückschlag erfolgte.