Wiederaufnahme des Bergbaues und Gründung der Bergstadt durch Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig - Wolfenbüttel.

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Ein neues Blühen des Oberharzer Bergbaues beginnt unter Heinrich d. J. von Braunschweig - Wolfenbüttel. Er setzte das Werk seiner Grossmutter, der Herzogin Elisabeth, die von ihrem Witwensitze, der Staufenburg bei Gittelde, aus, den Eisenstein - Bergbau am Iberg bei Grund eifrig und erfolgreich betrieben hatte, fort. Neben der Gewinnung von Eisenerzen richtete der Herzog seinen Blick auch auf Silbererze und erweckte dadurch auch diese Art des Bergbaues zu neuem Leben.


Die Anregung hierzu war von dem Herzog von Sachsen, der ein guter Freund von Heinrich war, ausgegangen. Auf dessen brieflichen Rat wurden Pingen - eingestürzte Schachtanlagen - , Halden und Schlackenhaufen des "Alten Mannes" untersucht und daraufhin einige alte Zechen wieder aufgenommen.


Weil es nun an Bergleuten und Bergbeamten fehlte, erliess der Herzog 1524 eine "Bergordnung für die Bergwerke um und bei Gittelde im Grunde" und gab auch die erste "Bergfreiheit“ heraus. Diese hatte die Wirkung, dass aus allen Gegenden, wo bereits Bergbau betrieben wurde, Bergleute herbeieilten.


Diese kamen auch ins Innerstetal und eröffneten an der Stelle, wo heute unsere Bergstadt liegt, die erste Grube und gaben ihr den Namen "Wilder Mann". Zugleich wurde der vom "Alten Mann" bereits angefangene "Tiefe Wildemanns - Stollen“ - der heute "13 Lachter - Stollen“ heisst - und unterhalb der Stadt beim Eisenbahntunnel mündet - weiter getrieben.


Wenn danach nun auch der Wildemanner Bergbau bereits 1524 wieder im Betrieb war, so ist damit nicht bewiesen, dass dort auch gleich eine Siedelung ihren Anfang nahm. Die betreffenden Bergleute werden von der benachbarten Ortschaft Grund aus - wo schon seit 1505 Bergbau getrieben wurde - ihre Arbeitsstätten im oben genannten Stollen und in der erwähnten Grube aufgesucht haben. Nach einer vorübergehenden Verzögerung - viele Bergleute waren besseren Verdienstes wegen nach Goslar abgewandert - nahm der Bergbau in Wildemann einen solchen Aufschwung, dass dort nun die ersten Wohnhäuser gebaut wurden. Hardanus Hake berichtet darüber:


"Anno 1529. Ist der Wildeman aufkommen durch Caspar Bitter. Zu dieser Zeit hat man den Anschnitt im Grunde gehalten, weil auf Wildeman noch niemand gewonet hat."


Honemann, der in seinem Bericht über die Gründung der Bergstadt Wildemann Hake als Quelle angibt, hat jedoch eigenmächtig das Wort "wieder" eingefügt, denn er schreibt:


"Doch hatte bisher in Wildemann noch niemand wieder gewohnet."(Honemann II.Teil,§44..)


Dieses eingefügte Wort "wieder" hat die Veranlassung dazu gegeben, dass auch einige spätere Geschichtsschreiber die Meinung vertreten, Wildemann habe schon früher, beim Bergbau des "Alten Mannes", als Siedelung bestanden.


Für mich als Verfasser dieser Ortsgeschichte ist jedoch die Bergchronik des Hardanus Hake als ältere Geschichtsquelle massgebend, und deshalb ist das Jahr 1529 das Geburtsjahr der Bergstadt Wildemann.


Anfangs betrieb Herzog Heinrich den Bergbau auf alleinige Kosten, zog aber bald Mitgenossen oder Gewerken - Aktionäre würden wir heute sagen - heran, unter denen sich nicht nur fürstliche und adelige Herren, sondern auch reiche Kaufleute aus Braunschweig, Magdeburg, Bremen, Lübeck und Hamburg befanden.


Besonders auf Antrag der baulustigen Magdeburger Gewerken gab der Herzog im Jahre 1532 für sein Harzgebiet eine neue - die zweite - Bergfreiheit heraus. Diese regelte die Rechte und Pflichten der Bergherrn und der Gewerken. Nach derselben war es jedem erlaubt, nach Erzen zu suchen, nur musste er dem Herzog den Zehnten abgeben, ihm die gewonnenen Erze zum sog. Vorkaufspreise (etwa ¾ des Marktpreises) überlassen und sich der bestehenden Bergordnung unterwerfen. Dafür gewährte der Landesherr mancherlei Vorrechte und Vergünstigungen, wie freies Holz für Schacht - und Häuserbau, sowie zum Schmelzen der Erze, freien Grund und Boden für diese Bauten, Gelegenheit zu Acker - und Wiesenbau, freie Nutzung der öffentlichen Gewässer zu jedem gewerblichen Zweck, eine beschränkte Fisch - und Jagdgerechtigkeit, Freiheit von Steuern und Zöllen, Freiheit von Kriegsdiensten, ausser bei allgemeiner Landesnot, für die ersten Jahre freien Silberverkauf und Erlass des Zehnten, Freiheit von fremdem Gerichtszwange, eigene Zivil - und Berggerichte, für die zu gründenden Bergstädte Markt - , Brau - , Schank und Backgerechtigkeit und die selbständige Wahl von Richter und Rat. (Morich)


Wenn in dieser Bergfreiheit nur die beiden Orte Grund und Zellerfeld namhaft gemacht werden, so galt sie jedoch auch für die noch im Entstehen begriffenen Bergstadt Wildemann. Bereits 1534 machte der junge Ort von dem in der Bergfreiheit zugesicherten Recht, sich selbständig einen Richter zu wählen, Gebrauch, berief in dieses Amt den Geschworenen Veit Bauer und wurde somit im Jahre 1534 eine „freie“ Bergstadt.


Die Bergfreiheit von 1532 wirkte wegen der vielen Gerechtsamen der Bergknappen und sonstigen Einwohner derartig, dass sich der Zustrom fremder Bergbeamten, Bergleute und Handwerker mit jedem Jahr steigerte. Wildemann wurde bald der Mittelpunkt des gesamten Silberbergbaus, sodass der Anschnitt - die der Bergbehörde wöchentlich über den Grubenhaushalt abgelegte Rechnung - von Grund nach Wildemann verlegt wurde.


Bereits 1532 wurde in Wildemann die erste Silberhütte das Oberharzes angelegt, in der das blinkende Erz in edles Metall umgewandelt wurde. Doch sei an dieser Stelle gleich darauf hingewiesen, dass Wildemann niemals eine Münzstätte besessen hat. Die sogenannten Wildemanns - Münzen verdanken ihren Namen nicht der Münzstätte, sondern dem Münzbilde, dem Wilden Mann, den der Herzog Heinrich der Jüngere der Grube "Wilder Mann“ zu Ehren auf die Münzen prägen liess.


Eine alte Handschrift, die der Chronist Calvör in der Zellerfelder Bergwerks - Registratur fand, bezeugt, dass sich Herzog Heinrichs Bergbau in den Jahren 1532 –1542 schon ­sehr gut entwickelt hatte. Es werden darin für die Bezirke Wildemann, Zellerfeld und Grund 49 Zechen genannt. Calvör gibt dann nach Aufzählung dieser Gruben - darunter "Wildemann Fundgrube Obernächste Mass und Erbstolln", „Wilde Frau und wilde Brüder", "Alter Stolln“, "Richtschacht auf dem Wildemann" - noch an, welche von diesen "Silber gemacht haben". Darunter zeichnet sich "Wildemann Fundgrube" ganz hervorragend aus. Ihr Silberertrag betrug in den Bergquartalen


Crucis 1533 = 1 Mark 12 Loth 2 Quent
Luciae 1536 = 2 " 8 " - "
Reminiscere 1538 = 6 " 8 " - "
Crucis 1538 = 28 " - " - "
Luciae 1538 = 57 " 12 " 2 "
Reminiscere 1539 = 260 " - " - "
Luciae 1539 = 219 " 3 " 1 "
Reminiscere 1540 = 107 " 5 " 1 "
Trinitatis 1542 = 432 " 14 " - "



Der Ausdruck "Mark" ist hier nicht als Münze zu verstehen, sondern als Silbergewicht. Eine Mark wog nach unserem jetzigen Gewicht etwa ¼ kg, genau 233,8 g.


1 Mark = 16 Loth, 1 Loth = 4 Quent.


Vergleicht man nun nach Calvörs Zusammenstellung den Ertrag von "Wildemann Fundgrube" mit den Ergebnissen der übrigen Gruben - es waren nur einige, die Silber lieferten - so ergibt sich, dass sie allein mit über 75 % an der gesamten Silbergewinnung beteiligt war.


Die Zeche "Wildemann" wurde auch dazu benutzt, neue Einrichtungen zur Verbesserung des Bergbaues zu treffen und auszuprobieren. 1536 erbaute der Steiger Michael Hussler eine Wasserhebekunst - einen "Heinzen" - die allerdings zunächst versagte, aber im nächsten Jahr durch den Steiger Ambrosius Schuster verbessert und brauchbar gemacht wurde. Der Wildemanner Bergbau kam dadurch in einen sehr guten Ruf und lockte immer noch mehr Bergleute heran, sodass sich die Bevölkerung mit jedem Jahr vermehrte.


Einen Überblick über die schnelle Weiterentwicklung unserer Bergstadt gewähren zwei alte Wildemanner Stadtbücher, die sich jetzt in Zellerfeld im Oberharzer Museum befinden. Professor Denker, der Gelegenheit hatte, diese Bücher zu durchforschen, schreibt in Band 40,S. ll0 ff der "Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde" darüber;


"Es sind die ältesten Stadtbücher oder, wie sie auch bezeichnet werden, Gerichts - oder Handelbücher von Wildemann. Das eine, nur 8 Bogen umfassend, stammt aus dem Jahre 1543, das andere, 107 Blätter stark, ist 1544 angelegt. Sie enthalten in der Hauptsache allerlei Beurkundungen über Handlungen, die vor Gericht vorgenommen sind, sind daneben aber auch, namentlich das von 1544, als Grundbücher der Stadt benutzt und enthalten als solche die Hofstätten und Wiesen, die den einzelnen verliehen sind, mit den entsprechenden Bemerkungen über den Besitzwechsel, wo solcher vorliegt."


Aus dem älteren Verzeichnis ist nun zu ersehen, dass der Ort bis 1542 54 Wohnhäuser zählte. Das 1544 angelegte weist dagegen schon 69 Hofstätten auf und lässt dabei einen lebhaften Besitzwechsel erkennen. Im Jahre 1546 treten dazu 7 neue, 1547 sogar 24, in der Stadt selbst davon 11,13 aber im Spiegeltal und auf dem Wunderlichen Heinzen. Diese letzten werden alle in der Zeit vom 15.September bis 7.November vergeben, immer gleichzeitig mehrere an demselben Tage, in derselben Zeit werden auch 5 von denen in der Stadt verliehen. Schnell hat sich demnach der junge Ort entwickelt, von dem 1529 noch keine Spur vorhanden war.1534 erhielt er schon in Veit Bauer seinen ersten Richter, 1544 weist er dieselbe Anzahl von Häusern auf, wie die so viel ältere Ansiedlung im Grunde, zugleich vertragen sich Knappschaft und Gemeinde am Sonntag Lätare dieses Jahres dahin, "das Knapschaft und Gemeyn mit Eynnahm und aussgab Ein Dingk seyn sol.“


Unruhige Zeiten - Heinrich d.J. hatte vor den Fürsten des Schmalkaldischen Bundes aus seinem Lande entweichen müssen - lassen die Entwicklung des Ortes, der ebenso wie Zellerfeld viel zu leiden hatte, langsamer vor sich gehen, mit der Rückkehr des alten Bergherrn im Jahre 1547 aber erhebt sich mit einem Schlage in einem Jahr die Zahl der Hofstätten um mehr als in den vorhergehenden fünf Jahren zusammen und um nicht viel weniger als in den nächsten 24 Jahren bis 1571, wo Wildemann gegen 130 Häuser zählte.


Im gleichen Bande der oben genannten Zeitschrift gibt Denker auch eine Uebersicht über die Bevölkerung von Wildemann nach einem „Verzeichnis der wehrpflichtigen Mannschaften“ von Jahre 1571, das sich im Landeshauptarchiv zu Wolfenbüttel befindet:


"Die Stadt zählt 372 erwachsene Männer, 124 sind Hausbesitzer, 84 Hausgenossen, beide Kategorien sind verheiratet, ergeben also 208 Familien. Die Zahl der ledigen Gesellen beträgt 164. Man wird also die Zahl der gesamten Bewohnerschaft auf mindestens 1200 ansetzen dürfen. Unter ihnen tritt den Bergleuten gegenüber alles andere zurück, sie stellen 219 Mann. Dazu kommen an Beamten 30 Grubensteiger,10 Pochsteiger, 1 Stollensteiger, 1 Kunstmeister, 11 Schichtmeister, 3 Geschworene, 1 Zehntner,1 Zehntgegenschreiber, 1 Hüttenmeister, 1 Hüttenschreiber, 1 gewesener Hüttenschreiber, 1 Rostschütter, 3 Schmelzer, 1 Silberbrenner, 1 Abtreiber, 1 Oberforstschreiber,1 Förster, 10 Bergschmiede, 5 Zimmerleute, 8 Fuhrleute, 10 Holzhauer,2 Sägemüller (Brettschneider), 1 Karrenmacher, 1 Achsenmacher, 1 Schindelmacher; an Gewerbetreibenden:5 Bäcker, 2 Fleischer, 2 Schuster und ein Geselle, 6 Schneider und ein Geselle, 3 Müller, 1 Tischler, 1 Lohgerber mit einem Gesellen, 2 Maurer, 1 Schmied, 2 Büttner, 1 Leineweber, 1 Badstubner (d.h. Bader und Wundarzt), 1 Bierbrauer, 1 Wirt und Bierverkäufer, 1 Krämer, auch ein Vogelfänger wird erwähnt und zwei Tagelöhner. "


Denker durchforschte auch ein "Register über die Fahnenknechte auffen Wildemann" aus dem Jahre 1585, das sich gleichfalls im Landeshauptarchiv zu Wolfenbüttel befindet, und schreibt darüber:


„Wir ershen aus ihm, dass von den ca. 120 aufgezählten Wehrpflichtigen von Wildemann nur ca. 20 dortselbst geboren, die anderen 100 aber in der Zeit von 1545 - 1583 von auswärts zugezogen sind, und zwar in einigen Fällen im Kindesalter, also offenbar mit den Eltern. Die Hälfte dieser stammt aber aus dem Erzgebirge und ist besonders in den 60er und 70er Jahren eingewandert.“


Aus dem ältesten Wildemanner Stadtbuch haben wir erfahren, dass der Ort bis zum Jahre 1542 bereits 54 Wohnhäuser zählte. Da der Bergbau mit jedem Jahr höhere Erträge brachte und die Einwohnerschaft sich stetig vermehrte, ging man dazu über, eine eigene Kirche zu bauen, damit der Gottesdienst nicht mehr - wie Hake berichtet - in der Schenke oder bei gutem Wetter auf dem Marktplatz abgehalten werden musste. Mit dem Kirchenbau wurde 1541 begonnen, und am Tage Maria Magdalena 1545 wurde das Gotteshaus von dem Prediger Gnaphäus aus Zellerfeld – der auch Wildemann kirchlich versorgte - eingeweiht.


Als aber die Einwohnerzahl in den beiden Bergstädten immer grösser wurde und die Seelsorge für einen Geistlichen zu umfangreich wurde, bekam Wildemann im Jahre 1548 einen eigenen Prediger. Ueber den Namen desselben sind sich die Chronikschreiber nicht einig. Hake nennt ihn nicht mit Namen, und das Wildemanner Stadtbuch nennt vom Jahre 1549 ab einen Peter Kern als Pfarrer.


Es ist noch folgendes zu erwähnen:


Als die Wildemanner Einwohner dem Herzog Heinrich die Bitte vortrugen, zu gestatten, dass sie sich einen eigenen lutherischen Geistlichen wählten, erhielten sie mit Missfallen die Antwort, wenn sie an einem lutherischen Prediger nicht genug hätten, möchten sie zwei nehmen, er - der Herzog— würde jedoch nichts dazu geben.


Nur ungern hatte der Herzog Heinrich als eifriger Katholik eingewilligt, dass sich die Bergstädte Zellerfeld und Wildemann lutherische Prediger erwählten. Er befürchtete jedoch, dass die Bergleute ihre Drohung, andernfalls davonzuziehen, ausführten und dadurch den Bergwerken der grösste Schaden zugefügt würde.


Durch die Gegnerschaft des Herzogs zur evangelischen Lehre drohte dem blühenden Bergbau eine grosse Gefahr. Durch die unglücklichen Feldzüge des Herzogs gegen die im Schmalkaldischen Bund vereinigten evangelisch gesinnten Fürsten erfuhr der Bergbau einen unliebsamen Rückgang. Als diese 1542 mit gewaltiger Heeresmacht gegen Heinrich zogen, musste dieser nach Bayern flüchten. Die Abwesenheit des Herzogs benutzte die Stadt Goslar, die auf den reichen Silbersegen der Wildemanner Gruben neidisch war und ausserdem mit dem Bergherrn Heinrich in Fehde lebte, dazu, im Jahre 1545 einen räuberischen Einfall in die Bergstadt Wildemann auszuführen, um zu brandschatzen und zu plündern. Diesen Ueberfall hat Hake in seiner Bergchronik ausführlich beschrieben.


Der Herzog Heinrich, der durch die für ihn unglücklich verlaufene Schlacht bei Höckelheim im Jahre 1545 in Gefangenschaft geraten war, wurde infolge der Niederlage der Evangelischen bei Mühlberg im Jahre 1547 aus der Festungshaft in Ziegenhein entlassen und konnte in sein Land zurückkehren. Er setzte den Bergbau - den auch die Schmalkaldischen für ihre Taschen weiter betrieben hatten, in seinen Bergstädten mit doppeltem Eifer fort und sorgte für geordnete Verhältnisse. Im Mai 1552 belagerte er mit Erfolg die Stadt Goslar und brachte dadurch den Bergbau im Rammelsberg wieder an sich. Die Bewohner von Wildemann waren mit denen aus ZeIIerfeld und Grund herbeigeeilt, um Zuschauer zu sein, wie der Ueberfall von 1545 vergolten wurde.


Auch das Jahr 1553 war für Wildemann ein Unglücksjahr. Bereits 1552 erschien Graf Vollrath von Mannsfeld, der dem Luthertum überall mit dem Schwert einen Weg hauen wollte, plündernd und sengend im Lande Heinrichs des Jüngeren. Hierbei blieb auch der Oberharz nicht verschont, und am Sonntag Sexagesimä des Jahres 1553 überfiel eine streifende Rotte von etwa 200 Mann die Bergstadt Wildemann, plünderte und brandschatzte sie. Dabei wurde auch der Richtschacht der Grube Wildemann angezündet, sodass er ganz ausbrannte.


Dem Bergbau drohte auch noch ein anderer Feind, nämlich das Grundwasser, das infolge der zunehmenden Teufe der Gruben nicht mehr vollständig "gewaltigt" wurde. Schon seit 1536 hatte man Pumpwerke, die "Heinzen" genannt wurden. Sie genügten wohl für einfache Verhältnisse, waren aber nicht imstande, das Wasser aus grösserer Teufe allein zu bewältigen. Auf den Rat seines Oberbergmeisters Peter Adner beschloss Heinrich, trotz der gewaltigen Kosten einige Stollen zu bauen, die das Wasser schnell in den Gruben sammeln und fortführen sollten.


Im Jahre 1555 liess Heinrich zunächst den "Tiefen Himmlischen - Heeres - Stollen“ am Adlersberg und den "Oberer Wunderlichen Heinzen - Stollen" im Spiegeltal erbauen. In den Jahren 1560 und 1561 folgten noch zwei andere, der "Hütschenthaler - Stollen" und der "Obere Stuffenthaler - Stollen".


Auch sorgte Heinrich durch Anlage von Bergwerksteichen für das nötige Betriebs - und Aufschlagswasser für trockene Zeiten. Nach Hake hat man im Spiegeltal im Jahre 1565 einen Sammelteich angelegt. Da die Schächte mitunter an Stellen lagen, zu denen sich die Betriebswasser schwer hinführen liessen, so mussten auch oft noch lange Wassergräben hergestellt werden.


So wurde der Bergbau auf jede Art und Weise geförderte und der Herzog Heinrich war über den Stand der Bergwerke und ihre sehr gute Ausbeute so erfreut, dass er in den Jahren 1555 und 1556 verbesserte und erweiterte Bergfreiheiten herausgab, in denen nun auch neben Grund und. Zellerfeld auch die freie Bergstadt Wildemann genannt wurde.


Die Veranlassung zum Erlass der Bergfreiheit von 1556 gab wohl ein Besuch, den der Herzog im soeben genannten Jahr der Bergstadt Wildemann abgestattet hatte. Nach Hake erschien der Herzog ganz früh am Morgen von seinem Schlosse Staufenburg aus in Wildemann und ritt zunächst vor das obere Blockhaus, um den Zehntner Hans Hessen zu rufen. Da dieser sich jedoch nicht blicken liess, sagte der Herzog zu seinem Gefolge: "Er hat gestern gesoffen und schläft noch" und befahl, dass der Zehntner ihm nachfolgen sollte. Dann zog man hinunter nach dem Hüttenhof. Allmählich ist nun auch die Einwohnerschaft wachgeworden, und besonders die Kinder haben den Herzog mit den Worten begrüsst: "Seid willkommen, gnädiger Herr!" Jener dankte den Kindern recht freundlich und sagte zu seiner Begleitung: "Wenn uns die Kinder empfangen ,so werden die Alten uns auch gern sehen.“


Nun ist der verschlafene Zehntner auch erschienen und hat sich beim Herzog entschuldigt. Von der Hütte ging der Zug nach der Grube "Himmlisches Heer“, wo der Herzog die geförderten Erze besichtigte. Darauf hat er mit einzelnen Bergleuten freundliche Worte gewechselt, ihren Fleiss gelobt und ihnen versprochen, ihr gnädiger Fürst und Vater zu sein.


Auch im Alter zeigte Heinrich noch immer reges Interesse für die Grubenbetriebe und überzeugte sich dann und wann von dem Zustande der wichtigsten Zechen. So besuchte er - wie Hake berichtet - im Jahre 1563, begleitet von seiner zweiten Gemahlin Sophie - von der Staufenburg aus wieder einmal seine Bergstadt Wildemann. Nachdem die beiden Gruben "Wildemann" und "Himmlisches Heer" in Augenschein genommen waren,g ing es durchs Stufental über die Gruben "Reicher Trost" und "St. Michael" weiter nach dem "Bleifeld“. Hier hatten sich viele Bergleute mit Wehr und Waffen zur Begrüssung des Herzogpaares in Ordnung aufgestellt. Der Bergherr lobte in einer Ansprache den Fleiss und Gehorsam seiner Bergknappen und versprach ihnen, sie bei allen ihren Gerechtsamen zu lassen. Dann ging es gemeinsam weiter nach Zellerfeld , wo den Bergleuten auf des Herzogs Befehl einige Fässer Bier und Wein zum besten gegeben wurden, wodurch sich bald ein fröhliches Leben und Treiben entwickelte.


Auch die Wildemanner Jungen hatten sich mit hölzernen Schwertern eingefunden, wobei ihnen ein an einer Stange befestigtes "Arschleder" als Fahne diente. Sie stellten sich so auf, dass der Herzog und die Herzogin sie sehen konnten. Darauf erschien auch die Zellerfelder Jugend in gleicher Ausrüstung. Als man merkte, dass die beiden Parteien ihre Kräfte miteinander messen wollten, hatte auch der Herzog seinen Spass daran. Gabriel Philipps brachte die Wildemanner Jungen in eine bessere Ordnung, und Valentin Weidenhauwer wurde der Führer der Zellerfelder Knaben. Bald war ein Treffen im Gange, es gab dabei blutige Köpfe. Und als sich im Kampfgewühl auch noch die Alten dazwischen mengten und jeder Vater seinem Jungen Beistand leisten wollte, befahl der Herzog mit lachendem Munde, die Gegner auseinander zu bringen. Das geschah dann auch, und in voller Einigkeit verzehrten nun fröhlich beide Parteien, was inhnen von ihrem gnädigen Bergherrn gespendet war.


Die vorstehende Begebenheit zeigt, welches gute Verhältnis zwischen dem Herzog Heinrich d. J. und seinen Bergleuten bastanden hat !


Mag auch Herzog Heinrich sonst ein rücksichtsloser und gewalttätiger Fürst gewesen sein, für den Oberharz war er ein wahrer Landesvater, der die Bewohner der Bergstädte nicht nur bei ihrem Glauben liess, sondern der ihnen auch alle Vorteile gewährte und alles Gute erzeigte, soweit es nach den damaligen Verhältnissen möglich war. Wo ihm Mangel oder Not bekannt wurde, hat er geholfen. Bewunderungswert war seine Herablassung zu armen und geringen Personen und seine Teilnahme an dem Wohl seiner Untertanen. Als Herzog Heinrich am 11. Juni 1568 in einem Alter von 79 Jahren starb, „haben sich die Bergstädte darüber erschrecket und entsetzet und haben ihn mit Seufzen und grossem Wehklagen betrauert und beweint".